#MeToo?

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DocArroway
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#MeToo?

Beitrag von DocArroway »

Ich weiß, dass dieses Thema inzwischen wahrscheinlich vielen auf die Nerven geht, aber ich komme nicht umhin, es auch hier anzusprechen.
Es ist ja allgemein bekannt, dass Hollywood nicht gerade eine Stadt ist, in der die Gleichberechtiung der Frau besonders gefördert wird, aber was in den letzten Monaten so alles ans Licht gekommen ist, schlägt den Fass dem Boden aus.
Ich hätte nie für möglich gehalten, wie tief der Sumpf aus sexueller Belästigung ist und wie selbstverständlich es zu sein scheint, dass Schauspielerinnen von mächtigen Produzenten und Studiobossen behandelt werden wie - man kanns leider nicht anders sagen - Prostituierte.
Sogar hier in Deutschland sind die Zustände anscheinend nicht viel besser, wie man am Fall Dieter Wedel besichtigen kann.
Aber andererseits...
...ist es inzwischen soweit gekommen, dass man als Mann wirklich aufpassen muss, was man sagt, weil man sonst schneller als man gucken kann in die Machoecke gerdrängt wird. Sobald man sich zum Beispiel darüber beschwert, dass der neue Ghostbusters Film nur deshalb schlecht ist, weil da nur Frauen mitspielen, wird man schon als frauenfeindlicher Betonkopf hingestellt (so geschehen in diversen Diskussionsforen im Netz). Das die Kritiker des Films das so gar nicht gemeint haben, wird da oft übersehen.
Ich mache mir Sorgen, dass diese ganze Debatte außer Kontrolle gerät und jedes Maß verliert. Bei Dieter Wedel zum Beispiel ist (noch) nicht bewiesen, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auch wirklich zutreffen, aber trotzdem kann man sagen, dass seine Karriere einen wohl irreparablen Schaden genommen hat.
Was sind eure Meinungen dazu? Wird die #Metoo Debatte zu unsachlich geführt? Oder umgekehrt: Ist alles vielleicht sogar noch viel schlimmer, als es bis jetzt schon zu sein scheint? Haben die weiblichen Mitglieder hier im Forum auch schon Erfahrung mit sexueller Diskrimenierung gemacht? Und wurden die Männer auch schon mal zu unrecht beschuldigt sich dem anderen Geschlecht gegenüber daneben benommen zu haben, weil sie eine witzig gemachte Bemerkung vom Stapel gelassen haben, obwohl sie gar keine bösen Absichten hatten?
Lebe jeden Tag als wäre es dein letzter und lerne als würdest du ewig leben.
Mahatma Ghandi

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Yshira
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Re: #Metoo?

Beitrag von Yshira »

Das Problem was ich bei der #MeToo Kampagne sehe, ist daß viele einfach Anschuldigungen in die Gegend werfen ohne daß es tatsächlich passiert ist. Gerade als Mann darf man inzwischen gar nicht mehr vor die Tür gehen denn fünf Minuten später hat man schon eine Anschuldigung am Hals und wir öffentlich zur Steinigung geschoben selbst wenn man nichts gemacht hat. Mit all den Trittbrettfahrern die da draußen rumrennen und nur ME TOO schreien weil's grad in ist, hilft man den wirklichen Opfern nicht. Im Gegenteil. Aber wenn man was dagegen sagt, dann wird man gleich von allen geächtet. So gesehen vor ein paar Wochen auf Twitter, wo jemand sich dazu aussprach daß man als Mann gar nichts mehr sagen darf weil man dann direkt verurteilt wird egal was ist. Und genau das ist demjenigen dann auch passiert. Er wurde in der Luft zerissen und mit Hass Tweets überflutet. Die Me Too Kampagne war nett gedacht, aber inzwischen verfehlt sie den Sinn und Zweck fürchte ich.
"जो है बनकर तोड़ने"
- Shamsher "Patty" Pathania -

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Azur
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Re: #MeToo?

Beitrag von Azur »

Ich finde die #metoo Debatte äußerst wichtig.

Man sieht an dem Fall Nassar in äußerst schmerzhafter Weise, warum. 265 betroffene Frauen mindestens - und ein ganzes System in der Kritik. Der Verband, die Funktionäre - warum haben alle weggeschaut? Warum haben alle geschwiegen?

Ich finde es äußerst verstörend, wenn Anthony Rapp gesagt wird - und den Kommentar gab es -: Mensch, Junge, das ist 15 Jahre her und war nur ein Klaps auf den Po. Mach´nicht so nen Ding draus!

Oder ein Dustin Hofmann allen Ernstes meint, in einer Talkshow das Wort Belästigung auslegen zu müssen. Und ein Volker Schlöndorff, der ihm dann noch zu Hilfe kommt: Ja, mein Gott, das waren derbe Witze, die hat er mit allen am Set gemacht. Hat er aber nie so gemeint.

Nie so gemeint. Genau das ist der Punkt.

Eine Branche, in der Sex sells zum Normalzustand geworden ist (siehe der Fall Weinstein). Wo einem jungen GNTM-Modell erklärt wird, sie müsse "sexy" sein. Wo kein Film damit auskommt, dass der männliche Darsteller nicht mindestens einmal den nackten Oberkörper gezeigt hat.

Und wenn jemand - männlich oder weiblich - an die Öffentlichkeit geht und sagt: mir ist das was passiert, das war nicht okay, dann hagelt es Verleumdungsklagen. Oder es fließt Schweigegeld.

Da kränkelt aber nicht nur der rote Teppich - das Problem geht bis in die höchsten Kreise (Stichwort: sexuelle Belästigung im EU-Parlament).

Was Dieter Wedel angeht: man darf nicht vergessen, dass einige der Aussagen (z.B. dass er verbale Ausfälle in sexuell abwertender Weise auf dem Set von sich gegeben hat) von Crewmitgliedern bestätigt werden, die am Set waren. Dass es in einem Fall sogar ein Attest gibt. Dass der verantwortliche Sender informiert war.

Es ist für mich nicht überraschend, wenn nach 20 oder 30 Jahren keine "Beweise" mehr gefunden werden. Das heißt aber nicht, dass an den Vorfällen nichts dran ist und es nur darum geht, Männern eines aus Rache reinzuwürgen, weil man die Rolle nicht gekriegt hat. Denn dass teilweise Dritte (wie z.B. Brad Pitt in dem einen Fall) oder gar die Beschuldigten selbst (ja, stimmt, aber ich war betrunken) die Vorwürfe bestätigen, zeigt, dass das Problem besteht. Und es ist riesig. Verdammt riesig.

Dieser "Normalzustand der Sexualisierung" muss aufgebrochen werden.

Das ist einfach nicht richtig, was da passiert. Egal wem und egal wann.

Denn was die Elite vormacht, macht die Gesellschaft nach. Vielleicht findet es eine Frau, die Minirock in der Bahn sitzt, gar nicht so toll, wenn man ihr wohin guckt und pfeift. Oder ein Mann, der in der Disco zu hören bekommt, dass er ein ganz schönes Sahneschnittchen mit tollem Hintern sei.

Sicherlich wird es Trittbrettfahrer geben. Sicherlich falsche Anschuldigungen. Aber gerade deswegen sind Bewegungen wie #metoo nötig. Um überhaupt mal anzufangen, Licht ins Dunkel zu bringen.

Ich habe vor Jahren einen Internetfilm gesehen, der es in meinen Augen genau auf den Punkt bringt: eine junge Frau wird von ihrem eifersüchtigen Freund (auch sexuell) gedemütigt. Am Ende verblasst sie langsam - ein Synonym dafür, dass sie von ihm zerstört und für die Öffentlichkeit unsichtbar wird. Sie sieht in die Kamera: can you see me? - Könnt Ihr mich sehen?

Die Gesellschaft muss hinsehen. Sie muss hinhören. Sie muss erkennen, dass es sexuelle Belästigung in allen Bereichen gibt. #metoo hat da den ersten Schritt gemacht.
"Sie testen ein Fahrzeug, das es so nicht gibt mit einer Fahrweise, die es so nicht gibt..." - "Und erhalten einen Abgaswert, den es so auch nicht gibt. Wo ist das Problem?" (C.v. Wagner/M. Uthoff - Die Anstalt-NEFZ)

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Smiley
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Re: #MeToo?

Beitrag von Smiley »

Ich glaube mittlerweile nicht mehr, das all die Frauen die sich auf #metoo gemeldet haben, wirklich belästigt wurden...
Da sind viel zu viele auf einmal aufgeploppt! Und von all denen hat sich vorher nie eine getraut was zu sagen?
Die brauchten da einen "#" für? Dieses "Sternchen" hat allen auf einmal soviel Mut gebracht?
Ich denke die ersten waren bestimmt noch echt, aber dann kamen Nachahmer dazu. Und weil ich nicht mehr genau unterscheiden kann ob echt oder nicht echt, kann ich da kein großes Mitleid für aufbringen. Sorry.
Vielleicht hab ich auch zu viel Selbstbewusstsein um überhaupt verstehen zu können wie man sich "Sexuell belästigen lässt" ohne DIREKT ne Anzeige zu erstatten... :nono:
Mit einigen Reaktionen muss man in der Öffentlichkeit rechnen: z.B. Mit dem Minirock in der U-Bahn....Männer sind halt "Primitiv aber Glücklich" wie es Mario Bart schon ausdrückte. Hat ne Frau nen Mini an und sieht auch noch gut darin aus, muss sie mit Pfiffen rechnen.
Wird sie aber angepackt, wie z.B. ein klapps auf den Arsch, gibt's DIREKT ne Backpfeife und nicht erst nach 20 Jahren ein #metoo..

Is meine Meinung....
Ich hatte in der letzten Firma einen Türkischen Mitarbeiter.
Der hat immer die totalen, frauenfeindlichen Sprüche gelassen.
Wir Frauen haben uns alle beschwert, und kurz drauf war er weg.

Wer direkt handelt lebt Glücklicher.
Mein Beileid an die Frauen die es wirklich erwischt hat mit Belästigungen und Vergewaltigungen, aber man hätte auch was tuen können..

Hoffe das klingt jetzt nicht zu hart...

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connam
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Re: #MeToo?

Beitrag von connam »

Ich halte diese Kampagne (und als etwas anderes kann man es ja fast gar nicht mehr bezeichnen) für ein zweischneidiges Schwert. Im Grunde stimme ich Smiley zu: man sollte sofort reagieren, wenn man sich belästigt fühlt. Aber dafür muss dann auch das Umfeld stimmen. Nicht immer wird von den Verantwortlichen ein Klima geschaffen, in dem man sich ermutigt sieht, so etwas anzusprechen.
Das Filmbusiness scheint mir eine kleine Welt zu sein, in der (fast) jeder jeden kennt und in der sich gewisse Dinge schnell herumsprechen. Wenn man dann mit Repressalien rechnen muss oder gar seine Existenz bedroht sieht, nur weil man den Mund aufmacht, kann ich nachvollziehen, dass man lieber still bleibt.
Und wir wissen nicht, wie die Stimmung oder das Arbeitsumfeld zu der Zeit war, als viele dieser Belästigungen angeblich stattgefunden haben. Das Frauenbild war auf jeden Fall noch ein anderes als heute. Und Idioten, die gar nicht merken, wenn sie jemandem (verbal oder auch körperlich) zu nahe treten, hat es immer schon gegeben und gibt es auch heute noch zuhauf. Kann mir nicht vorstellen, dass es eine Frau gibt, die diese Erfahrung noch nicht gemacht hat. Und die Problematik beschränkt sich ja ganz offensichtlich nicht auf Frauen. Nicht umsonst werden in vielen Firmen extra Trainings für die MitarbeiterInnen veranstaltet, um das Bewusstsein für solche Situationen zu schärfen.
Dass jetzt für viele die Zeit gekommen zu sein scheint, mit ihrer Leidensgeschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, ist auf jeden Fall begrüßenswert und spricht wohl dafür, dass sich die Branche zum Positiven verändert hat. Aber dieser Schneeballeffekt, den das hat, birgt in meinen Augen auch die Gefahr, dass dabei Leute überrollt werden, die wirklich nichts Unrechtes getan haben. Wie soll man denn 20, 30 Jahre später noch nachvollziehen, was damals wirklich passiert ist? Und wie soll man sich gegen eine unberechtigte Anschuldigung wehren? Schlimmstenfalls reicht ja schon der Verdacht, um eine Karriere zu beschädigen oder gar zu zerstören.
Und das Medienumfeld, in dem wir uns mittlerweile bewegen, macht die Wahrheitsfindung auf keinen Fall leichter. Ich würde auch darauf wetten, dass da viele Trittbrettfahrer unterwegs sind….
Da muss man auf jeden Fall ganz genau hinsehen. Denn wie war das noch? Unschuldig bis die Schuld bewiesen ist.
“What I need is someone who will make me do what I can.” ― Ralph Waldo Emerson

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connam
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Re: #MeToo?

Beitrag von connam »

Weiß nicht, ob einer von Euch auch gerade die Serie "Liar" auf VOX schaut, in der ein Arzt beschuldigt wird, eine Lehrerin während eines Dates vergewaltigt zu haben.
Die Story hält eine ausgezeichnete Balance zwischen der Glaubwürdigkeit beider Parteien und macht deutlich, wie schwierig es sein kann, herauszufinden, was wirklich passiert ist. Sobald man denkt, man weiß, wer die Wahrheit sagt, wendet sich das Blatt wieder.
Spannende Geschichte.
“What I need is someone who will make me do what I can.” ― Ralph Waldo Emerson

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